fidelis ad mortem: Das zufällige Schicksal des Bauern Hrodgar

Die bis zum 30. Juni auf BookRix stattfindende 163. Runde des Autorenwettbewerbs „Wortspiel“ hat das Thema „Schwarz und Weiß“. Für diesen Zeitraum habe ich den Text „Das zufällige Schicksal des Bauern Hrodgar“ freigeschaltet, der Teil der für 2022 geplanten Anthologie „fidelis ad mortem – Geschichten aus dem dritten Jahrtausend (Band II)“ sein wird.

Wer also vorab einen kleinen Einblick in das Buch haben möchte: Einfach auf den folgenden Link klicken und genießen. : )

„Ein gewaltiger, allegorischer Text!“

„Ha, erst mittelalterlicher Mord- und Totschlag, mit allerhand Zufällen gespickt, dann das herrliche Ende – für den Leser.“

„Ein wunderschöner Text, nahezu ein Meisterwerk!“

Season Of Glass – die langsame Wandlung von Fiktion zu Realität

Zeitgleich mit meiner Geburt zerfielen die Beatles: Nicht als Gruppe, sondern einzeln nahmen sie die Tonspuren der Lieder ihres gleichnamigen Doppelalbums auf, jenes Werk, das als das weiße Album in die Musikgeschichte einging. Als Musik meinen Leib und meine Seele einzunehmen begann, waren die Beatles längst Vergangenheit; ich hörte das Echo ihrer Kunst. Zu jung, um John Lennons Kompositionen gänzlich zu würdigen, traf mich die Nachricht von seinem gewaltsamen Tod dennoch, da der Tod, wie stets, etwas Unwiederbringliches erschafft.

Es war der 8. Dezember 1980, ich war zwölf Jahre alt.

Italien, 8. Dezember 2008. Ich sitze im Café Castello, innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern der Burg San Leo und notiere mir Gedanken zu einer Kurzgeschichte, die an einem Literaturwettbewerb zum Thema „Du verbringst das Weihnachtsfest mit einer berühmten Persönlichkeit“ teilnehmen soll. Weihnachten, Happy XMas (War Is Over). Meine Gedanken kreisen um John Lennon. Da dessen Präsenz in der Gegenwart aufgrund der oben beschriebenen Umstände imaginär sein muss, überlege ich, die Handlung in den Kopf seines Mörders Mark David Chapman zu legen.

Am Abend schreibe ich den Text nieder, eine Geschichte über Schuld und Rache, Gnade und Vergebung, in der Zelle vermeintlich verhallende Dialoge, die auf Texten von John Lennon und Yoko Ono basieren. Der Titel des Textes wird Season Of Glass lauten, in Anlehnung an Yoko Onos gleichnamiges Foto von John Lennons blutbeschmierter Brille. Dem Ende der Geschichte ist geschuldet, dass das Handlungsjahr weit in der Zukunft liegt: 2022.

Im Moment ihrer Publikation – am 10. Dezember 2008 auf der Literaturplattform BookRix, am 1. September 2010 in der Anthologie Das Konzept – ist die Geschichte Season Of Glass noch komplett fiktiv, Veränderungen unwesentlicher Gegebenheiten sind der Dramaturgie oder dem Thema geschuldet. Tatsächlich wurde Chapman 2012 nach Boston verlegt, seine Anhörungen finden meist im August oder September statt und gänzlich vereinsamt ist er auch nicht. Aber mit jedem weiteren Jahr, das Mark David Chapman im Gefängnis verbrachte, näherte sich die 2022 spielende Handlung der Wirklichkeit.

chapman 2020

Am 19. August 2020 spricht Chapman vor dem Bewährungsausschuss die in der Fiktion von Lennon eingeforderte Entschuldigung an Yoko Ono aus, dennoch lehnt der Bewährungsausschuss sein Gnadengesuch ab, zum elften Mal. Damit sitzt John Lennons Mörder, wie von Season Of Glass zwölf Jahre zuvor postuliert, 2022 in seiner Zelle. Das imaginäre Gespräch mit jenem Mann, den er vor vierzig Jahren auf offener Straße ansprach und erschoss, kann sich nun zutragen wie damals im Café Castello ersonnen.

Es ist so lange her. War es in einem Traum? Es schien mir so wirklich. Ich ging die Straße entlang und meinte, die Bäume reden zu hören. Jemand sagte meinen Namen und es begann zu regnen. Zwei Geister verbanden sich zu einem seltsamen Tanz. Ein Dahinfließen von Klängen. Durch einen runden Spiegel hindurch. Ich meinte, die Musik zu fühlen, die meine Seele berührte. Fühlte etwas Warmes. Dann plötzlich war es kalt. (John Lennon – #9 Dream)

Die Entstehung von „Licht“

„Hundert Worte der Liebe waren der Preis für sein Leben.
Er versuchte sich zu erinnern, doch Leere erfüllte sein Herz.
Und so stürzte er in die Tiefen der Hölle hinab.“
(aus: „Licht“)

Der Text „Licht“ entstand für einen Drabble-Wettbewerb der Literaturplattform BookRix. Ein Drabble erzählt eine Geschichte in exakt einhundert Worten. Der Anfang des Textes beginnt mit dem Drabble „Die Unterwelt“, in welchem eben diese schreibtechnische Vorgabe als Metapher für die Erlösung des Protagonisten verwendet wird. Da bei dem Wettbewerb drei Drabbles eingereicht werden sollten, habe ich zwei weitere, in einem inhaltlichen Kontext stehende Handlungen hinzugefügt und sie mittels der dantesken Benennung als erster, zweiter und dritter Gesang in eine schlüssige Abfolge gebracht.

In der Anthologie Das Konzept sind die drei Gesänge allerdings nicht in der Reihenfolge ihrer Numerierung abgedruckt. Stattdessen beginnt „Licht“ mit dem mythologischen, zweiten Gesang („Die Unterwelt“), findet mit dem dritten („Die Rettung der Fischer“) seine Fortsetzung in der realen Welt und endet mit dem ersten („Die Befreiung der Liebe“) wieder in der Mythologie. Warum?

Es ist richtig, dass die abgedruckte Reihenfolge den tatsächlichen kreativen Prozess widergibt, denn der Erste Gesang wurde nach Fertigstellung des Zweiten Gesangs geschrieben. Ausschlaggebend allerdings waren zwei andere Gründe: Zum einen rufen die letzten Zeilen von „Die Befreiung der Liebe“ inhaltlich die ersten Zeilen aus „Die Unterwelt“ in Erinnerung. Die Handlung von „Licht“ bekommt dadurch etwas Zyklisches. Zum anderen wird damit die reale Erzählebene um die beiden Fischer in die Mitte der auf Anfang und Ende von „Licht“ verteilten, mythologischen Handlung gebettet. Der damit suggerierte, wie eine Sinuskurve anmutende, kontinuierliche Ebenenwechsel verstärkt den Eindruck eines wiederkehrenden Ereignisses.

Ebenfalls den einhundert Worten gewidmet ist die Tatsache, dass alle Sätze in „Licht“ aus je zehn Wörtern bestehen. Die für den Gesamttext geltende quantitative Vorgabe wird so auf ein niedrigeres Element heruntergebrochen. Die Satzstruktur erhält dadurch eine Metrik, die zwar zunächst steif wirkt, dank der archaischen Wortwahl jedoch wenig ins Gewicht fällt und dem Stil vielleicht sogar eine gewisse Authentizität verleiht.

„Licht“ jetzt auf BookRix lesen

John Lennons Mörder scheitert erneut mit Bewährungsgesuch

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1980 erschießt der 25jährige Mark David Chapman den Musiker John Lennon auf offener Straße und wird zu einer Haftstrafe von zwanzig Jahren verurteilt. Dem Gesetz des Staates New York entsprechend wird Chapman nach Ablauf der Strafe nur aus der Haft entlassen, wenn ein Bewährungsausschuss einem entsprechenden Gesuch stattgibt. Seit dem Jahr 2000 reicht Chapman ein Gesuch ein, alle zwei Jahre und ohne Erfolg.

"Season Of Glass" kostenlos auf Bookrix lesen

„Season Of Glass“ kostenlos auf Bookrix lesen

2008 schrieb ich für einen Literaturwettbewerb die Kurzgeschichte „Season Of Glass“. Ich fragte mich, welche Worte John Lennon für seinen Mörder gefunden hätte. Fündig wurde ich in Lennons Texten. Es entstand die Collage „Season Of Glass“, ein Zwiegespräch im Kopf Chapmans.

Die Geschichte spielt im Jahr 2022. Langsam, in gleichmäßigen Schritten, nähert sich die Fiktion der Wirklichkeit. Alle zwei Jahre.

Jacob Nomus – König von Deutschland

Online lesen: Jacob Nomus - König von Deutschland

In einem fernen Land, vor langer, langer Zeit …

Wir schreiben den 13. Juni 2010. Ich las die Themenvorgabe: „Laut Statistischem Bundesamt wird in Deutschland alle 46 Sekunden ein Mensch geboren, alle 38 Sekunden ereignet sich ein Todesfall, alle 47 Sekunden wandert jemand ein, alle 49 Sekunden wandert jemand aus“. Ein ziemlich trockenes Thema … oder vielleicht doch nicht? Ungehemmt entströmten die Worte meiner Feder und noch am selben Tag erblickte die kurze Satire „König von Deutschland“ das Licht der Welt. Der Text war dermaßen schräg, dass ich ausschloss, etwas davon könne sich in nächster Zukunft auch nur ansatzweise bewahrheiten. : )

Online lesen: Jacob Nomus – König von Deutschland

Auswahl an Buchcovern auf Instagram

Schreiben ist ein Erlebnis. Das Erschaffen einer Welt, das Formen der Handlung, das Modellieren der Szenen oder das Auswählen der Namen der Charaktere – der gesamte Schöpfungsprozess macht einfach Spaß. Alles soll passen! Im besten Fall taucht der Leser in diese Welt ein und gedenkt ihrer auch noch, nachdem er die letzte Seite gelesen und das Buch zugeklappt hat.

Für mich, der ich der späten Vinyl-Generation angehöre und mich damals beim Hören einer LP im Plattencover verlor, beginnt das Erlebnis „Buch“ mit dem Umschlag. Vergleichbar mit dem Pitchen frage ich mich, welches wichtige Elemente der Geschichte sind, und versuche sie grafisch im Buchcover umzusetzen.

Auf Instagram ist eine Auswahl an Buchcovern zu finden, die ich für die Publikation der Texte auf BookRix angefertigt habe. Von oben links nach unten rechts sind dies:

  • Relictio
  • Season Of Glass
  • Das Konzept
  • Borodim
  • Don’t panic
  • Der Pfad
  • Das Ende der Gegenwart
  • Das Moebiusband
  • Die bittere Rache des Tonino Arcangelo

Die Buchcover sind oben und unten abgeschnitten sind. Auf Instagram ist alles quadratisch. Wie LPs. So schließt sich der Kreis. : )

> Artwork auf Instagram

Jacob Nomus – Strunk

Online lesen: Jacob Nomus - Strunk

Meine letzte Teilnahme am BookRix Wortspiel ist schon etwas länger her. Man kommt ja aus dem Romane Schreiben gar nicht mehr raus. Aber bei der Themenvorgabe der aktuellen Runde konnte ich einfach nicht widerstehen: „Schnappt Euch bitte aus Eurem Bücherregal ein beliebiges Buch und schlagt Seite 45 auf. Sucht Euch auf dieser Seite einen beliebigen Satz aus, der Euch zu einer Geschichte inspirieren soll. Dieser Satz muss auch genauso in Eurem Beitrag vorkommen! Einzige Bedingung: Der Satz soll mindestens aus 5 Wörtern bestehen.“

Strunk - Themenvorgabe

Die Güte der Geschichte hängt in hohem Maß von der Wahl der Textstelle ab. Was würde also passieren, wenn ich ein vollkommen abwegiges Werk nehmen würde? Ich griff zum Kochbuch …

Wirklich erfrischend, mal wieder einfach Nonsens zu schreiben. : )

Online lesen: Jacob Nomus – Strunk

Zum Geburtstag von Douglas Adams: „Don’t panic“

Zum Geburtstag von Douglas Adams kurzfristig online: Jacob Nomus‘ Hommage „Don’t panic“.

Online lesen: Jacob Nomus - Don't panic

Die Menschen schrien. Jene, die weg rannten, wurden currenti pedes mittels eines Ionenstrahls dematerialisiert. Jene, die stehen blieben, wurden von einer Bratpfanne erschlagen. Es gab kein entkommen. Das Ende der Menschheit war gekommen. Die Engelschöre sangen, bekamen eine geklatscht und verstummten beleidigt.
Arminius war damit beschäftigt zu verstehen, was gerade geschah, als die sich über ihm befindliche Luke beim Öffnen inne hielt.

„Er hat ein Handtuch, Sir.“
„Er hat was?“
„Er hat ein Handtuch, Sir. Ein sehr großes sogar.“
Der Kommandant des Raumschiffs wandte sich seinem Navigator zu.
„Sie meinen, er könnte ein Prophet sein?“
„Ja, Sir, ein sehr großer sogar.“
„Er könnte aber such keiner sein. Erschlagen Sie ihn vorsichtshalber.“

Online lesen: Jacob Nomus – Don’t panic

Zur Veröffentlichung von „Relictio“: Thriller „Vermoulu“ online lesen

Zur Veröffentlichung von „Relictio“ eine kleine Überraschung: Jacob Nomus‘ Thriller „Vermoulu“ ist online bis einschließlich dem letzten Tag der Leipziger Buchmesse.

Online lesen: Jacob Nomus - Vermoulu

1805 anno domini. Eine kleine Insel vor der Küste der Bretagne.

Über der Erde wird die Verlegung des Friedhofs entschieden. Unter der Erde liegt ein Mensch lebendig begraben.

Online lesen: Jacob Nomus – Vermoulu

Jacob Nomus – Das zufällige Schicksal des Bauern Hrodgar

„Ich habe gesehen, wie der alte Raginald enthauptet wurde. Auf der Nordsenne. Ich muss dem Herrn berichten.“ – „Nichts musst du! Unwissender, nichts weißt du über den, der unseren Tod will. Nicht zum Vogt musst du rennen, sondern an der heiligen Stele vorbei, die unser Land begrenzt.“

Die Themenvorgabe: „Der Zufall gewinnt, wenn einem nichts besseres einfällt“. Die Umsetzung: „Das zufällige Schicksal des Bauern Hrodgar“, geschrieben, um das fünfjährige Bestehen des Wortspiels zu feiern, jenem Literaturwettbewerb auf BookRix, dem ich Texte wie „Season of Glass“, „Retina“, „Die bittere Rache des Tonino Arcangelo“ oder auch „Nemesis“ verdanke.

„Ein gewaltiger, allegorischer Text!“

„Ha, erst mittelalterlicher Mord- und Totschlag, mit allerhand Zufällen gespickt, dann das herrliche Ende – für den Leser.“

„Ein wunderschöner Text, nahezu ein Meisterwerk!“